Nanotechnologie als Chance und Gefahr für die Zukunft

Nanotechnologie – was ist das genau?

Nanotechnologien beziehen sich auf Strukturen im Größenbereich zwischen einem und einhundert Nanometern. „Nano“ ist altgriechisch für „Zwerg“ und tatsächlich ist ein Nanometer nur ein Milliardstel Meter groß – oder anders ausgedrückt 10 hoch minus neun Meter.

Im Verhältnis zu einem Millimeter ist ein Nanometer in etwa so groß wie ein Fußball im Vergleich zur Erde. In dieser Größenordnung treten die Eigenschaften aufgrund des Volumens eines Körpers hinter seine Oberflächeneigenschaften zurück. Das ergibt einen enormen physikalischen Spielraum an Funktionen für neue Strukturen, Systeme und Geräte. So kann mittels Nanotechnologie zum Beispiel Glas zu einem Bindemittel werden. Keramik kann transparent gemacht werden und Metall zu einem Farbpigment. Fasern aus Nanokohlenstoff können extremen Zugkräften trotzen, um nur einiges zu nennen. Diese Technologien begeben sich also auf atomare Ebene. Die Hoffnung ist in Zukunft, Stoffen und Gegenständen durch diese winzigen Strukturen und Veränderungen neue innovative Eigenschaften zu verleihen. Damit wird im besten Fall zugleich ganz neuen Möglichkeiten und Einsatzgebieten der Weg bereitet. Von der Quantenphysik über alle Materialwissenschaften bis hin zu Elektronik, Informatik und Chemie sowie verschiedenen Bereichen der Mikro-, Molekular- und Zellbiologie beschäftigen sich nahezu alle Branchen der Wirtschaft mit der Erforschung auf Nanometerebene und ihren Errungenschaften. Die Ideen hierfür liefert in allererster Linie oftmals die Natur.

Vorbilder aus der Natur

Um Vorbilder aus der Natur zu entdecken, muss nicht lang gesucht werden. Jeder Organismus, der menschliche aber auch der eines jeden Tieres, jeder Pflanze und jedes Bakteriums besteht aus erstaunlich gut funktionierenden Nanopartikeln. Winzig kleine Motoren wie Chloroplasten, Ribosome und auch das „kleinste Rad der Welt“, die ATP-Synthase gehören dazu. Letzteres funktioniert vom Prinzip her ähnlich wie ein Akkuladegerät. Ohne diese kleinen natürlichen Nano-Strukturen wäre kein Leben möglich.

Der Lotusblüteneffekt

Die bekannteste Erfindung im Bereich der Nanotechnologien dürfte wohl der aus der Natur abgeschaute Lotusblüteneffekt sein. Diese Pflanzen lassen Regentropfen an sich abperlen, aber auch Schmutz kann sich hier nicht festsetzen. Grund ist die Oberflächenbeschaffenheit der Blätter. Wasser, Schmutz und auch Insekten haben es schwer, anzuhaften oder sich niederzulassen. Anwendung findet der Lotusblüteneffekt beispielsweise auf Oberflächen wie in Küchenschränken, um Schädlinge fernzuhalten (diese rutschen einfach ab), oder in der Autoindustrie, wo er vorrangig zum Schutz der Karosserie zum Einsatz kommt. Diese „Nanoversiegelung“ ist eine hauchdünne Schicht, die sich quasi selbst organisiert. Das heißt, sich einerseits mit der Oberfläche fest verbindet und andererseits in die andere Richtung einen Antihaft-Effekt erzeugt.

Nanotechnologie bereits überall?

Weitere Beispiele für sich bereits im Einsatz befindliche Nanotechnologien sind:

  • Sonnencremes mit ihrem Schutz vor ultraviolettem Licht
  • Farben und Lacke mit besonderen Farbeigenschaften und Schutz vor Schimmel und Verschmutzungen
  • Aluminiumpartikel in Parkett- und Möbellacken gegen ein zu schnelles Zerkratzen
  • Sportsocken und -kleidung mit nanosilber, welches Bakterien und ihre Gerüche bekämpft
  • antibakterielle Oberflächen zum Schutz vor Erregern von Infektionskrankheiten in Krankenhaus und Pflege
  • Lebensmittel wie Ketchup enthalten dickflüssig machendes Siliziumdioxid

Nanotechnologie als Chance für die Zukunft?

Das Feld der Nanotechnologie-Forschung ist noch sehr jung und daher verwundert es kaum, dass viele Experten enorme Durchbrüche in der Medizin binnen der nächsten zwanzig bis dreißig Jahre erwarten. So soll vor allem die Diagnostik und Therapie von Krankheiten revolutioniert werden.
In der Behandlung von Krebszellen beispielsweise soll ein sogenanntes Hyperthermie-Verfahren zum Einsatz kommen. Dabei werden Metalloxide, also metallische Nanopartikel, in das kranke Gewebe eingeschleust. Diese werden dann mittels elektromagnetischer Wechselfelder erhitzt und sollen die im Vergleich zu gesunden Körperzellen temperaturempfindlichen Tumorzellen eliminieren.

Weitere Hoffnungsträger für die Zukunft

Nanotransportsysteme sollen es ermöglichen, Medikamente zielgerichtet im Körper zur Anwendung zu bringen. Damit wird versucht, nicht nur die gewünschte Wirkung zu erhöhen, sondern zugleich auch unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren. Nanofilter könnten für Dialysepatienten von großem Wert sein und eine häufige, regelmäßige Dialyse in der Einrichtung überflüssig machen. Auch die bis dahin immer schlechter werdende Körperverfassung würde den Patienten erspart bleiben. Insgesamt also eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität.
Nano-Beschichtungen könnten im Bereich der Medizin für Implantate nützlich werden, deren Haltbarkeit deutlich verlängert werden könnte. Weitere Operationen sowie langfristige Komplikationen blieben den Patienten dadurch womöglich erspart.

Nanotechnologie als große Gefahr?

Nanotechnologie scheint in den Visionen der Forscher wie ein Zaubermittel, das nahezu alles möglich machen kann. Doch je verlockender die Versprechen, desto größer die Gefahr durch ihre Kehrseite.
Nanopartikel sind nämlich so klein, dass sie problemlos diverse Schranken des Körpers passieren können, von der Lunge über die Blutbahn bis hin zur Blut-Hirn-Schranke. Sie können ungehindert in Körperzellen eindringen und noch ist völlig unklar, was sie damit auslösen können.

Der Wunsch nach Tests und Kennzeichnung

Aktuell gibt es, was allen voran vom BUND beklagt wird, keine einheitlichen oder gar verlässlichen Tests für die Sicherheit von Nanoprodukten. Auch eine Kennzeichnung der Produkte ist derzeit weder verpflichtend noch geregelt. Verbraucher können also nicht wissen, ob sie mit Nanoprodukten in Kontakt kommen und können dies somit auch nicht bewusst entscheiden.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Gerade was die antibakterielle Wirkung vieler Badreiniger oder Sportkleidungsstücke angeht, sorgen sich Experten. So könnte es sein, dass Menschen durch den fehlenden regelmäßigen Kontakt zu externen Mikroorganismen umso heftiger auf solche reagieren. Möglicherweise zerstören diese Produkte auch eine intakte Hautflora. Außerdem besteht die Gefahr einer Anpassung der Bakterien an solche Stoffe. Eine derartige Resistenz würde diese Stoffe in der Medizin wirkungslos machen.
Das verwendete Nanosilber könnte auch in die Umwelt gelangen und verschiedene Kreisläufe, vor allem im Wasser von Flüssen und Seen empfindlich stören. Nach Quecksilber ist es das zweitschlimmste Gift für viele darin lebende Tiere und Mikroorganismen.

Nanofood heute und morgen

Es klingt unvorstellbar und ist dennoch bereits Realität. Nanofood gibt es schon seit Jahren in den Regalen der Supermärkte. Ein Beispiel hierfür sind Ketchups und andere dickflüssige Saucen, die Siliziumdioxid für die gewünschte Konsistenz enthalten. Salatdressings enthalten als Bleichmittel Titandioxide und verschiedenste Pulver sind mit Aluminiumsilikate versetzt, um nicht in der Tüte zusammenzubacken. Die Liste ist lang und erschreckend. Schließlich dürfte den wenigsten Verbrauchern klar sein, was sie da zu sich nehmen.
Tendenziell wird sich dieser Markt noch stark erweitern. Schon jetzt forschen nahezu alle größeren Lebensmittelkonzerne auf dem Gebiet der Nanotechnologie.

Lebensmittel der Zukunft?

Pizza, die bei 300 Watt in der Mikrowelle zu einer Pizza mit Tomatengeschmack wird und bei 600 Watt nach Spinatpizza schmeckt, ist weniger absurd als es scheint. Ebenso gibt es bereits mit Titandioxid versetzte Schokolade, die auch in der Sonne bei warmen Temperaturen nicht ohne Weiteres schmilzt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis kalorienarme Eis oder geschmacksverändernde Milch Wirklichkeit werden. Ob all diese Lebensmittel wirklich gesund sind, ist nicht bekannt.

Kosmetika mit und ohne Nanotechnologie

Während in Deos bereits seit Jahren damit geworben wird, dass keine Aluminiumsalze enthalten sind, werden diverse andere gebräuchliche und neue Produkte weiterhin mit diesem und anderen Nanostoffen versetzt. Ein Widerspruch? Ja und nein. Denn was der Verbraucher nicht weiß…

Einseitige Berichterstattung

Nanotechnologien werden massiv von der Bundesregierung mittels Steuergelder gefördert. In Deutschland gibt es, Stand 2015, etwa 1000 Unternehmen mit über 50.000 Mitarbeitern, die direkt oder indirekt mit Nanotechnologie zu tun haben. Eine nicht unbedeutende Größe.
Es verwundert daher nicht, dass die Berichterstattung zum Thema fast ausschließlich positiv gestimmt und auf die vielfältigen Neuerungen und ihre Funktionen gerichtet ist.
Politik und Medien sind jedoch sicher gut beraten, wenn sie sich neben den durchaus vielversprechenden und vielfältigen Möglichkeiten für die Zukunft auch mit den Risiken der Nanotechnologie-Forschung beschäftigen. Sie sollten energisch einheitliche Regelungen vorantreiben, die den Verbrauchern zeigen, dass sie gut informiert sind und das wertvolle Gut ihrer Gesundheit berücksichtigt wird.


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